Die Entwicklung der Gefangenenzahlen ist von jeher erheblichen und grundsätzlich wenig vorhersehbaren Schwankungen unterlegen.
Wie aus der obigen Abbildung ersichtlich haben die Gefangenenzahlen im geschlossenen Vollzug in den Jahren 2016 bis 2019 stark zugenommen und sind seither (mit Ausnahme der Jahre 2020 bis 2022, in denen die Belegung aufgrund der Corona-Pandemie reduziert werden musste) im Mehrjahresvergleich dauerhaft hoch geblieben.
Ursächlich für die angestiegene Belegung im geschlossenen Justizvollzug ist vor allem die erhebliche Zunahme der Anzahl und des Anteils ausländischer Gefangener an der Gesamtbelegung. Dieser ist (jeweils zum jährlichen Stichtag 31. März) von 39,1 Prozent im Jahr 2015 (2.593 Gefangene) auf 50,8 Prozent im Jahr 2024 (3.455 Gefangene) angestiegen. Auch im bundesweiten Vergleich bewegt sich der Ausländeranteil des baden-württembergischen Justizvollzugs seit dem Jahr 2018 auf sehr hohem Niveau.
Als Reaktion auf den entstandenen Haftplatzbedarf sollen bis zu 1.000 zusätzliche Haftplätzen geschaffen werden. Bestandteil dessen sind zum einen die mittlerweile beinahe vollständig in Betrieb genommenen Kapazitätserweiterungen in den Justizvollzugsanstalten Heimsheim, Ravensburg und Schwäbisch Hall (Modulbauten; 360 Haftplätze) sowie in der Justizvollzugsanstalt Stuttgart (Sanierung Bau 1; Erweiterung um rund 270 Haftplätze), zum anderen der Neubau der Justizvollzugsanstalt Rottweil (500 Haftplätze). Hierauf liegt aktuell der Schwerpunkt des Vollzugsbaus im Regelvollzug; eine Inbetriebnahme der Justizvollzugsanstalt ist aufgrund der notwendigen Bauzeit allerdings nicht vor dem Jahr 2027 in Aussicht gestellt.
Zur künftigen Sicherstellung des seit Jahren steigenden Bedarfs insbesondere der stationären psychiatrischen Behandlung von Gefangenen wird zudem die Neuerrichtung des Justizvollzugskrankenhauses auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt Stuttgart mit rund 200 Haftplätzen angestrebt.
Baden-Württemberg legt traditionell Wert auf eine hohe Sicherheit seiner Bevölkerung. Dazu zählt neben Verbrechensverhinderung durch geeignete Präventionsmaßnahmen mit der Folge einer im Bundesvergleich geringen Kriminalitätsbelastung auch eine hohe Aufklärungsquote, zügige Aburteilung und letztlich der Schutz der Bevölkerung vor inhaftierten Straftätern.
Eine wichtige Voraussetzung für die Gewährleistung von Sicherheit im Justizvollzug schafft der Einsatz zeitgemäßer Bau- und Sicherheitstechnik. Neben baulichen Spezifikationen etwa zu Außen- und Gebäudesicherungen, zu Schließanlagen und Alarmierungseinrichtungen liegen Schwerpunkte auf der Ausrüstung der Bediensteten, der Detektion unerlaubt eingebrachter Mobiltelefone, deren Auslesen mit technischen Mitteln und der Sicherstellung von Betäubungsmitteln mittels Betäubungsmittelscanner und Spürhunden.
Erst der sinnvolle Einsatz dieser Mittel durch eine effektive Organisation mit nützlichen, zielführenden Vorgaben an gut aus- und fortgebildete Bedienstete ergibt aber im Ergebnis den gewünschten Sicherheitsgewinn. Von besonderer Bedeutung ist dabei die in allen Justizvollzugsanstalten etablierte Strukturbeobachtung zur Identifizierung insbesondere subkultureller oder extremistischer Phänomene.
Nicht zu unterschätzen für die Gewährleistung der Sicherheit im Justizvollzug ist letztlich das "Mikroklima" einer Justizvollzugsanstalt, also das Verhältnis unter den Bediensteten, zwischen Bediensteten und Gefangenen, die Arbeitsbedingungen, zusammen genommen die gesamte Anstaltsatmosphäre.
Die schulische Bildung, Arbeit und Ausbildung der Gefangenen und Sicherungsverwahrten bilden einen der wichtigsten Schwerpunkte einer zielgerichteten Resozialisierung
In den Betrieben des Vollzuglichen Arbeitswesens konnten 2022 im Durchschnitt rund 3.891 Gefangene beschäftigt werden. Die Umsätze lagen bei rund 30 Mio. Euro. Durch Erwirtschaftung der Gefangenenlöhne und eines beachtlichen Teils des Personalaufwands konnte der Staatshaushaltsplan spürbar entlastet werden. Darüber hinaus wurden rund 2,48 Millionen Euro an Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung überwiesen.
Im Schuljahr 2022/2023 haben 81 Gefangene den Hauptschulabschluss und 18 Gefangene den Realschulabschluss und ein Gefangener einen gymnasialen Abschluss erreicht. Weitere 43 Gefangene haben andere schulische Bildungsmaßnahmen wie z. B. Alphabetisierungs-, Deutsch- oder andere Sprachkurse mit Zertifikaten erfolgreich abgeschlossen. Eine Berufsausbildung im Ausbildungsjahr 2022/2023 haben 449 Gefangene erfolgreich erlangt.
20 Gefangene haben berufliche Qualifizierungs- bzw. Fortbildungsmaßnahmen (Gabelstaplerkurs, Schweißerlehrgang etc.) mit Zertifikaten erfolgreich abgeschlossen.
Weitere Informationen finden Sie unter:
Entlohnung für die Arbeit und die Teilnahme an Bildungsmaßnahmen
Zur Aufrechterhaltung der Sicherheitsstandards in den Justizvollzugseinrichtungen ist es selbstverständlich allein mit dem Einsatz von Technik nicht getan.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des baden-württembergischen Justizvollzugs erbringen einen ganz wesentlichen und unersetzlichen Beitrag zur Gewährleistung der inneren Sicherheit des Landes. Dabei stellt die vollzugliche Arbeit vor dem Hintergrund einer unverändert hohen Quote drogen- und alkoholabhängiger Gefangener, der Zunahme der gefährlichen Gefangenen aus dem Bereich der organisierten Kriminalität, dem anhaltend hohen Anteil von Gefangenen unterschiedlicher kultureller Herkunft und des großen therapeutischen Bedarfs und behandlerischen Aufwands insbesondere für Gewalt- und Sexualstraftäter eine große Herausforderung dar.
Personalstellen am 1. Januar 2024
einschließlich Stellen für Tarifbeschäftigte, jedoch ohne Anwärter
Bereich | Stellen |
Höherer Verwaltungsdienst | 61 |
Ärztlicher Dienst | 48,5 |
Seelsorgerischer Dienst | 21 |
Psychologischer Dienst | 94 |
Pädagogischer Dienst | 47,5 |
Sozialdienst | 163 |
Gehobener Verwaltungsdienst | 92 |
Mittlerer Verwaltungsdienst | 220 |
Büro- und Schreibdienst | 95,5 |
Vollzugsdienst im Justizvollzug | 2.964 (davon 56 im gehobenen Dienst) |
Krankenpflegedienst (soweit nicht im Vollzugsdienst im Justizvollzug) | 24,5 |
Werkdienst | 492 (davon 21 im gehobenen Dienst) |
Sonstige Tarifkräfte | 33,5 |
Summe | 4.356,5 |
Für das Haushaltsjahr 2024 sind im Staatshaushaltsplan für die Justizvollzugsanstalten vorgesehen:
Gesamteinnahmen von 14,0 Millionen Euro;
hiervon entfällt der größte Anteil mit 12,6 Millionen Euro auf den Ersatz von Personal- und anderen Kosten durch den Landesbetrieb Vollzugliches Arbeitswesen.
Gesamtausgaben von 338,5 Millionen Euro, darunter
243,3 Millionen Euro Personalausgaben
44,1 Millionen Euro sächliche Verwaltungsausgaben, darunter
- 7,8 Millionen Euro für die Verpflegung der Gefangenen
- 14,3 Millionen Euro für die medizinische Versorgung der Gefangenen
- 3,7 Millionen Euro für die EDV-Ausstattung und
- 2,5 Millionen Euro für die sicherheitstechnische Ausstattung
44,2 Millionen Euro für Zuweisungen und Zuschüsse, darunter
- 13,7 Millionen Euro für Gefangenenlöhne, insbesondere für Ausbildungsbeihilfen und Entlohnung von Hausarbeitern
- 3,7 Millionen Euro für Zuschüsse an externe Träger zur Erfüllung vollzuglicher Aufgaben
- 25,1 Millionen Euro für Zuweisungen an die Landesanstalt Bewährungs- und Gerichtshilfe Baden-Württemberg für die Erfüllung gesetzlicher Aufgaben der Bewährungs- und Gerichtshilfe.
6,4 Millionen Euro Investitionen.
Die Ausgabenstruktur im Justizvollzugshaushalt stellt sich nach den Planansätzen für das Jahr 2024 wie oben diagrafisch abgebildet dar.
Im Haushaltsjahr 2023 betrugen die Nettokosten eines Gefangenen je Hafttag einschließlich Bauinvestitionen 179,63 €. Die Kosten des baden-württembergischen Justizvollzugs liegen regelmäßig unterhalb des Durchschnittswertes aller Bundesländer.
Der Transport der Gefangenen zwischen den Anstalten und zu den Gerichten erfolgt in Baden-Württemberg durch Fahrzeuge und Personal des Justizvollzuges.
Der Sammeltransport wird durch die Transportzentrale in der Justizvollzugsanstalt Heimsheim koordiniert und richtet sich nach einem (bundesweit) abgestimmten Fahrplan. Jährlich werden im Rahmen des Sammeltransportes allein in Baden-Württemberg etwa 10.000 Gefangene transportiert. Die vier – eigens hierfür eingerichteten – Transportbusse legen hierbei etwa 200.000 km zurück.
Weitere Weblinks:
Das Internetangebot des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg enthält weitere Daten zum Justizvollzug in Baden-Württemberg bereit: klicken Sie einfach hier.
Interessante Daten über den Justizvollzug in den Ländern können Sie im Internetangebot des Statistischen Bundesamt finden, wenn Sie hier klicken.