Bayern und Baden-Württemberg fordern, dass auch die Länder beim bundesweiten Flüchtlingsgipfel des Bundesinnenministeriums teilnehmen können.
Baden-Württembergs Ministerin der Justiz und für Migration Marion Gentges und der Bayrische Staatsminister des Innern, für Sport und Integration Joachim Herrmann haben am heutigen Mittwoch, 28. September 2022 in München zur aktuellen Flüchtlingslage gesprochen und klare Erwartungen an den Flüchtlingsgipfel, den Bundesinnenministerin Faeser für den 11. Oktober 2022 angesetzt hat, formuliert. Faeser hatte angekündigt mit kommunalen Spitzenverbänden über eine bessere Verteilung von Geflüchteten in Deutschland sprechen zu wollen.
Ministerin Gentges betonte: „Es ist erfreulich, dass die Bundesinnenministerin dem Drängen auf einen bundesweiten Flüchtlingsgipfel nachgegeben hat. Ich erwarte allerdings auch, dass die Länder zu einer solchen Runde eingeladen werden. In der aktuellen Flüchtlingssituation kann die Debatte nicht über die Köpfe der Länder hinweg geführt werden. Wir brauchen einen breiten und grundsätzlichen Austausch dazu, wie es weitergehen soll. Wenn die Bundesinnenministerin im Rahmen des Gipfels lediglich über die Verteilung von Geflüchteten in Deutschland sprechen will, greift das viel zu kurz und zeigt, dass der Ernst der Lage im Bundesinnenministerium noch nicht angekommen ist. Die Herkulesaufgabe, vor der wir stehen, wird sich nicht durch einfache Verteilung lösen lassen.“
Aufnahmesysteme am Rand ihrer Leistungsfähigkeit
Die beiden Minister tauschten sich im Rahmen ihres Treffens zur aktuellen Migrationslage, die sich auch in Baden-Württemberg und Bayern bedrohlich zuspitzt, aus. Obgleich auf allen Ebenen der Flüchtlingsaufnahme die Kapazitäten seit Monaten massiv ausgeweitet wurden, kommen die Aufnahmesysteme zusehends an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit. Die Alarmsignale sind nicht zu übersehen. Sowohl Gentges als auch Herrmann bekräftigten, dass alle Anstrengungen unternommen würden, um diejenigen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, angemessen unterzubringen und zu versorgen. Dennoch müsse anerkannt werden, dass Aufnahmekapazitäten nicht beliebig hochgefahren werden können, sondern es sich sowohl bei Wohnraum als auch bei Personal um endliche Ressourcen handle.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann kritisierte in diesem Zusammenhang, dass die Bundesregierung angesichts der ohnehin bereits hohen Zugangszahlen völlig falsche Signale setze, wenn sie weiter zusätzliche Aufnahmeprogramme starte oder weitere Fehlanreize setze, wie bei der Reform des Bürgergeldes oder der Einführung des Chancen-Aufenthaltsrechts.
„Am Ende führt das zu einer Überlastung der Kommunen und zu einer Überforderung unserer Sozialsysteme. Im Übrigen warten wir immer noch darauf, dass der Bund endlich seiner Finanzierungsverantwortung im Bereich Asyl und Integration gerecht wird. Das betrifft sowohl die ungedeckten Kosten im Ukraine-Kontext wie auch die bislang fehlenden inhaltlichen Aussagen zu einer künftigen Bundesbeteiligung an den flüchtlingsbezogenen Kosten sowie den Aufwendungen für Integration. Im Übrigen“, so Herrmann, „warten wir immer noch auf die von der Bundesregierung schon vor Monaten angekündigte Rückführungsoffensive. Obwohl vollmundig angekündigt, ist hier praktisch noch überhaupt nichts passiert.“
Königsteiner Schlüssel
Entsprechend dem Königsteiner Schlüssel muss Baden-Württemberg etwa 13 Prozent der nach Deutschland kommenden Geflüchteten aus der Ukraine aufnehmen. Auf Bayern entfallen etwa 15 Prozent, sodass in den beiden südlichen Bundesländern insgesamt mehr als ein Viertel der bundesweit ankommenden Geflüchteten untergebracht und versorgt wird. Baden-Württemberg hat im Jahr 2022 bislang rund 130.000 ukrainische Geflüchtete und rund 15.400 Asylbewerber aufgenommen. In Bayern sind mehr als 148.000 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine und fast 22.000 Asylbewerber aufgenommen worden.