Die Ombudsstelle setzt sich für die Belange von Flüchtlingen, Ehrenamtlichen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landeserstaufnahme, Organisationen, Institutionen und zuständigen Behörden, aber auch für Menschen, die im Umfeld von Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes leben und arbeiten gleichermaßen ein. Sie ist Ansprechpartner für Fragen der Unterbringung, Versorgung und Betreuung von Flüchtlingen in den Erstaufnahmeeinrichtungen und hat schon in vielen schwierigen Situationen gute, pragmatische und vor allem menschliche Lösungen gefunden.
Justizministerin Marion Gentges MdL: „Die Ombudsstelle ist ein wichtiger Baustein in unserem System der Erstaufnahme von Flüchtlingen in Baden-Württemberg. Sie ist ein bundesweites Alleinstellungsmerkmal, ein besonderes humanitäres Element in unserer Migrationsarbeit und eine wichtige Schnittstelle zwischen Einrichtungen, Kommunen und der Bevölkerung vor Ort. Dafür bin ich ihnen überaus dankbar.“
Geleitet wird die Stelle von einer Ombudsperson für Flüchtlingserstaufnahme in Baden-Württemberg. Im Zeitraum von 2015 bis 2017 war der Leitende Kriminaldirektor a. D. Karl-Heinz Wolfsturm Ombudsperson. Seit 2017 hat diese Aufgabe der Leitende Kriminaldirektor a. D. Klaus Danner inne.
Die Ombudsperson ist neutral, unabhängig von Weisungen, hat keine Weisungsbefugnis gegenüber Behörden und entscheidet selbst über die Befassung mit Einzelfällen. Sie handelt informell, koordinierend, beratend und vermittelnd. In den vier baden-württembergischen Regierungsbezirken gibt es vier ehrenamtliche Ansprechpersonen der Ombudsperson.
In den letzten zehn Jahren sind bei der Ombudsstelle für Flüchtlingserstaufnahme insgesamt 1.101 Anfragen eingegangen. Mit 381 Anfragen wurden die meisten über Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landeserstaufnahme gestellt. Im gleichen Zeitraum besuchte die Ombudsstelle die Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes 120 Mal. Des Weiteren nahm sie von 2015 bis 2025 328 Gespräche mit Behörden, Organisationen und Institutionen sowie eigene Veranstaltungen und Vorträge wahr.
Karl-Heinz Wolfsturm, ehemalige Ombudsperson führt zu den Anfängen der Ombudsstelle im Jahr 2015 aus: „Die Tätigkeit der Ombudsperson wurde von Beginn an von allen Beteiligten positiv aufgenommen und insbesondere von Behörden und Institutionen bei Falleingaben konstruktiv unterstützt. Die Möglichkeit, die Ombudsperson stets niedrigschwellig kontaktieren zu können, hat geholfen, herausfordernden Situationen im konstruktivem Zusammenwirken zu begegnen und pragmatische Lösungen zu entwickeln. Das war insbesondere in der Anfangszeit eine kostbare Unterstützung beim Aufbau dieses besonderen und neuen Angebots der Ombudsstelle auf der Ebene der Erstaufnahme von Geflüchteten.“
Klaus Danner, aktuelle Ombudsperson, ergänzt: „Ich bin dankbar dafür, dass ich in den letzten acht Jahren als Ombudsperson des Landes zur Transparenz und Verständnis der Erstaufnahme des Landes beigetragen habe. Pragmatische Lösungen bei Belangen der Geflüchteten, der ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeitenden als auch der Anwohnerinnen und Anwohner zu entwickeln sowie der offene Austausch mit allen Beteiligten, tragen dazu bei, Vertrauen aufzubauen. Dieses Vertrauen und die sich daraus entwickelnde Akzeptanz sind die Grundlage des gemeinsamen und respektvollen Zusammenwirkens aller Beteiligten vor Ort.“
Fallbeispiele:
Fall I: Lebenswichtige Operation für Neugeborenes - Tätigkeitsbericht 2016-2017
Im Dezember 2016 wurde ein Mädchen mit mehreren komplexen und lebensbedrohlichen Fehlbildungen (ohne Speiseröhre und ohne Darmausgang) geboren. Nachdem die Speiseröhre rekonstruiert und ein künstlicher Darmausgang am Bauch eingesetzt wurden, erteilte die zuständige Behörde keine Kostenübernahme für die weiteren notwendigen Operationen. Die Ombudsstelle erlangte von diesem Sachverhalt bei einem Informationsbesuch in der für die Unterbringung der Familie zuständigen Aufnahmeeinrichtung Kenntnis und griff den Fall auf.
Im Rahmen der eingeleiteten Abklärungen wurde bekannt, dass der zuständigen Behörde kein Arztbrief vorlag, der jedoch für die weitere Beurteilung des Falls dringend erforderlich war. Dies konnte umgehend geklärt und der Befund anschließend von der zuständigen Behörde an einen Gutachter zur Prüfung der Erforderlichkeit weiterer Operationen weitergeleitet werden. Die gutachterliche Prüfung bestätigte die Erforderlichkeit weiterer lebensnotwendiger Operationen, woraufhin die Kostenübernahme seitens der Behörde umgehend erteilt wurde und das Mädchen operiert werden konnte.
Dieser Fall zeigt eindrucksvoll, dass auch einfache Ursachen mitunter gravierende Wirkungen entfalten und eine detaillierte Recherche unverzichtbar ist.
Fall II: Länderübergreifende Verlegung von Angehörigen zu ihrer Familie – Tätigkeitsbericht 2018 - 2019
Ein Asylsuchender wandte sich an die Sozial- und Verfahrensberatung in der Erstaufnahmeeinrichtung, in der er untergebracht war. Dort berichtete er, dass seine Ehefrau und ein gemeinsames Kind bereits in Nordrhein-Westfalen wohnhaft sind. Das gemeinsame Kind hat eine Behinderung und ist deswegen besonders betreuungs- und pflegebedürftig. Um seine Familie baldmöglichst wiederzusehen und seine Frau bei der Betreuung des Kleinkindes unterstützen zu können, bat er die Sozial- und Verfahrensberatung um Hilfe. Diese wandte sich an die Ombudsstelle. Das Anliegen wurde dem für Verlegungen zuständigen Regierungspräsidium Karlsruhe weitergeleitet, welches Kontakt zu den zuständigen Behörden in Nordrhein-Westfalen aufnahm und nachfragte, ob das Land bereit sei, den Ehemann zu übernehmen. Nach positiver Rückmeldung aus Nordrhein-Westfalen wurde der Ehemann zeitnah einem baden-württembergischen Landkreis zugewiesen. Von dort konnte er die länderübergreifende Umverteilung beantragen, die anschließend genehmigt wurde.