Erstaufnahme

Standortsuche

Warum braucht Baden-Württemberg neue Einrichtungen zur Erstaufnahme?

Berechne Lesezeit
  • Teilen
Das Bild zeigt ein 3-D-Modell eines Areals mit verschiedenen Gebäuden.

Die Aufnahme von Geflüchteten ist eine vom Bund auf die Länder übertragene Pflichtaufgabe: Die Länder müssen nach dem Asylgesetz des Bundes (§ 44 AsylG) Asylsuchende unterbringen und die dazu erforderlichen Einrichtungen zur Erstaufnahme schaffen. Wie viele Geflüchtete jedes Land aufnehmen muss, wird nach dem sogenannten „Königsteiner Schlüssel“ errechnet. Auf Baden-Württemberg entfallen demnach rund 13 Prozent der nach Deutschland einreisenden Geflüchteten.

Die Anzahl Geflüchteter steigt weltweit.

Die Anzahl der Menschen, die weltweit auf der Flucht sind, hat sich im letzten Jahrzehnt mehr als verdoppelt und ist auf dem höchsten Niveau seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Während 2014 ca. 59,5 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht waren, stieg die Zahl 2024 nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) auf 123,2 Millionen.

73,5 Millionen davon sind Binnenflüchtlinge, die innerhalb ihres Landes auf der Flucht sind. Doch die gestiegenen Zahlen schlagen sich auch bei den Zugängen nach Europa, Deutschland und Baden-Württemberg nieder: 2022 wurden in Baden-Württemberg rund 176.000 Geflüchtete aufgenommen. Das sind deutlich mehr als in den Jahren 2015 und 2016 zusammen, dem Höhepunkt der damaligen Fluchtbewegungen. Darunter befanden sich 145.000 ukrainische Staatsangehörige, die nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf ihr Land Schutz in Baden-Württemberg fanden. Gleichzeitig stieg aber auch die Zahl der Asylsuchenden (s. Abbildung unten).

In den Folgejahren ging die Zahl der Gesamtzugänge zwar wieder zurück, sie befindet sich aber weiterhin auf einem signifikanten Niveau: Im ersten Halbjahr des Jahres 2025 kamen 17.000 Geflüchtete in Baden-Württemberg an – im Zeitraum 2016 bis 2021 war dies der durchschnittliche Wert für ein ganzes Jahr.

Baden-Württemberg kann keinen direkten Einfluss auf die Anzahl der Zugänge nehmen. Das Land setzt sich jedoch im Rahmen seiner Möglichkeiten dafür ein, die Zahl der irregulären Einreisen nach Deutschland weiter und nachhaltig zu begrenzen und die Aufnahmekapazitäten in den Ländern und Kommunen zu entlasten. So unterstützt das Ministerium der Justiz und für Migration Baden-Württemberg den Bund weiterhin dabei, sich für geeignete Maßnahmen auf nationaler und europäischer Ebene einzusetzen.

Das Bild zeigt eine Grafik der Flüchtlingszugänge von 1990 bis 2024. Original-Bild in neuem Tab öffnen

Baden-Württemberg kommt seiner Aufnahmeverpflichtung nach.

Damit Baden-Württemberg seinen Verpflichtungen nachkommen kann, muss das Land weitere Unterbringungskapazitäten schaffen. Es muss auch in Zukunft auf plötzliche und signifikante Fluchtbewegungen vorbereitet sein. Die Erstaufnahme hat die Aufgabe, den folgenden Stufen der Flüchtlingsaufnahme auch bei Zugangsspitzen eine gewisse Zeit zur Vorbereitung und zum Kapazitätsaufbau zu gewähren. Hinzu kommt das politische Ziel, Geflüchtete wieder länger in den Einrichtungen zur Erstaufnahme unterzubringen. Asylverfahren sollen dann häufiger bereits in der Erstaufnahme abgeschlossen und Rückführungen von dort aus organisiert werden. Dafür sind neue, dauerhafte Regelkapazitäten in der Erstaufnahme nötig. Deshalb plant das Land, neue Einrichtungen zu errichten und Bestandseinrichtungen zu erweitern.

Im Februar 2024 hat der Ministerrat dafür die bestehende Konzeption zur Neugestaltung der Erstaufnahme von Flüchtlingen in Baden-Württemberg überprüft, angepasst und fortgeschrieben. Eine zentrale Maßnahme ist der Ausbau der Regelkapazitäten der Erstaufnahme auf 15.000 Plätze, die für eine Regelbelegung von 12.000 Personen ausgelegt sind. Stand Mitte des Jahres 2025 liegt die Regelkapazität bei rund 6.400 Personen. (Standortübersicht)

Wie prüft das Land neue Standorte für Einrichtungen zur Erstaufnahme?

Das Bild zeigt die Landeserstaufnahmeeinrichtung in Freiburg.

Mögliche neue Standorte für Einrichtungen zur Erstaufnahme prüft das Land in zwei Schritten auf ihre Eignung. Während der Vorprüfung untersucht das jeweilige Regierungspräsidium, ob an dem Standort offensichtliche Gründe vorliegen, die gegen die Schaffung einer Einrichtung sprechen. Dabei werden unter anderem Größe und Lage des Grundstücks, mögliche Unterbringungskapazität, Umgebungsbebauung und Infrastruktur berücksichtigt.

Erweist sich ein Standort als grundsätzlich geeignet, wird die Eignung in der vertieften Prüfung abschließend ermittelt. Das Land führt eine Wirtschaftlichkeitsprüfung durch und untersucht die Erschließung sowie die Nachhaltigkeit des Projekts. Zudem holt es, falls erforderlich, externe Gutachten ein (z.B. zu Wertermittlung, Schadstoffen oder Altlasten).

Auf Grundlage des Ergebnisses der vertieften Prüfung entscheiden das Finanzministerium und das Justizministerium gemeinsam, ob an diesem Standort die konkreten Umsetzungsplanungen für eine Einrichtung zur Erstaufnahme aufgenommen werden sollen. In diesem Fall plant das Land die neue Einrichtung – sei es ein Neubau, ein Umbau oder eine Sanierung.

Werden auch die Interessen der Bürgerinnen und Bürger vor Ort berücksichtigt?

Das Foto zeigt eine Gruppe Holzfiguren mit eingeblendeten Sprechblasen.

Dem Land Baden-Württemberg ist es wichtig, vor Ort eine möglichst hohe Akzeptanz für eine neue Einrichtung zur Erstaufnahme herzustellen. Deshalb setzt das Land im Planungsprozess von Beginn an auf Transparenz und bezieht die Zivilgesellschaft aktiv ein. Wie dies konkret ausgestaltet sein soll, wird gemeinsam mit dem jeweiligen Landkreis und den betroffenen Kommunen entwickelt. 

Grundsätzlich wird Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit eingeräumt, sich zum Vorhaben zu äußern. So sind etwa Informations- und Ausspracheveranstaltungen vor Ort denkbar. Darüber hinaus kann auch das Beteiligungsportal der Landesregierung genutzt werden, um Anregungen und Kritik, Fragen und Hinweise einzubringen. Und jederzeit können sich Bürgerinnen und Bürger an den Bürgerreferenten des Justizministeriums wenden. Überall gilt jedoch, dass Beteiligungsmöglichkeiten nur bei der Frage nach dem „Wie“ bestehen, nicht nach dem „Ob“.

Verschiedene Beteiligungsangebote an Standorten neuer Einrichtungen

Das Land hat das Ziel, auch mit der jeweiligen Standortkommune Einvernehmen zum Betrieb einer Einrichtung zur Erstaufnahme herzustellen. Ihre Zustimmung hierzu braucht es aber grundsätzlich nicht. Denn es handelt sich um einen hoheitlichen Akt der Daseinsfürsorge. Nach geltender Rechtslage werden die Standorte für Einrichtungen zur Erstaufnahme vom Justizministerium als oberster Aufnahmebehörde „im Benehmen“ mit dem jeweiligen Stadt- oder Landkreis und der betroffenen Gemeinde bestimmt. Das bedeutet, die andere Behörde erhält bei einer Anhörung Gelegenheit, ihre Vorstellungen in das Verfahren einzubringen. Eine Willensübereinstimmung von Land und Kommune ist aber nicht erforderlich.

Sie möchten noch etwas wissen? Häufige Fragen und Antworten

Haben Sie Fragen zu den Einrichtungen zur Erstaufnahme oder möchten Sie sich weiter informieren? Wir stehen Ihnen gern zur Verfügung (Kontaktformular). Für Fragen zu einer konkreten Einrichtung wenden Sie sich gern an die Bürgerreferenten des zuständigen Regierungspräsidiums.