Im Rahmen des 41. Symposiums des Justizministeriums Baden-Württemberg haben in Konstanz Fachleute aus Politik, Wissenschaft, Justiz, Anwaltschaft und Wirtschaft sowie Experten von Interessenvertretungen und Journalisten den Klimaschutz im Kontext von Recht und Justiz diskutiert.
Im Rahmen eines zweitägigen Symposiums in Konstanz haben auf Einladung des Justizministeriums Baden-Württemberg Fachleute aus Politik, Wissenschaft, Justiz, Anwaltschaft und Wirtschaft sowie Experten von Interessenvertretungen und Journalisten die immensen Herausforderungen der Klimakrise im juristischen Kontext diskutiert. In das Veranstaltungsthema „Der Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts – Notwendigkeit und Grenzen der Verfassungsgerichtsbarkeit im politischen Prozess“ hat Prof. Dr. Stephan Harbarth, Präsident des Bundesverfassungsgerichts – virtuell aus Karlsruhe zugeschaltet – eingeführt, bevor im Rahmen von Impulsvorträgen und von einem hochkarätig besetzten Podium das Thema weiter erörtert wurde.
In ihrer Eröffnungsrede sagte Ministerin der Justiz und für Migration Marion Gentges: „Ich verstehe den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts als Mahnung an den Gesetzgeber. Die Politik muss sich an den von ihr selbst gesetzten Zielen auch juristisch messen lassen. Außerdem mahnt das höchste Gericht an, die Rechte derer, die nach uns kommen, zu achten. Die Klimakrise stellt uns vor immense Herausforderungen, die wir gemeinsam meistern müssen: Politik und Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft, Justiz – die ganze Gesellschaft.“
Bedeutung von Klimaklagen gegen Unternehmen dargestellt
Thematisch wurde ein weiter Bogen gespannt von kritischen staatsrechtlichen Erörterungen der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung durch Staatsrechtslehrer und Bundesminister Prof. Dr. Rupert Scholz, über das Thema der Generationengerechtigkeit angesichts neuer Staatsverschuldungen, vorgetragen von dem Präsidenten des Bundessozialgerichts, Prof. Dr. Rainer Schlegel, bis hin zu einem Statement der Klimaschutzaktivistin Luisa Neubauer, die – virtuell zugeschaltet – an die rund 80 Veranstaltungsteilnehmer appellierte: „Wir müssen nicht alle zu einer Greta Thunberg werden, aber jeder kann etwas tun. Wir sind darauf angewiesen, dass alle, egal in welchem Beruf, egal in welcher Position, ob vor oder in den Gerichten, sich mit der Klimakrise befassen. Veranstaltungen wie dieses Symposium sind daher wichtig.“
Prof. Dr. Marc-Philippe Weller vom Institut für ausländisches und internationales Privat- und Wirtschaftsrecht der Universität Heidelberg stellte rechtsvergleichend die Bedeutung sogenannter Klimaklagen gegen Unternehmen dar. Dass die Herausforderungen der Klimakrise längst auch an deutschen Gerichten angekommen sind, zeigte der Vortrag von Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe e.V., die nach eigener Darstellung derzeit eine Vielzahl von Klagen für mehr Klimaschutz gegen die Bundesregierung, auf Landesebene und gegen Unternehmen führt. Justizministerin Marion Gentges sieht die Gerichte des Landes für diese Herausforderungen grundsätzlich gewappnet. Die Justiz könne ihren Teil zu einem erfolgreichen Klimaschutz jedoch nur dann beitragen, wenn sie fortlaufend in ausreichendem Maße personell und technisch ausgestattet ist.
Symposium findet seit 1980 statt
Bereits seit 1980 veranstaltet das Justizministerium Baden-Württemberg alljährlich ein Symposium zu aktuellen rechtspolitischen Themen. Von 1980 bis 2019 war vierzig Jahre lang Triberg im Schwarzwald der traditionelle Tagungsort, der der Veranstaltung den bisherigen Titel „Triberger Symposium“ gegeben hatte. Nach zweijähriger pandemiebedingter Pause fand die Veranstaltung nun zum ersten Mal in Konstanz statt, wo Oberbürgermeister Uli Burchardt die Tagungsteilnehmer in der Stadt, die – passend zum Thema – als erste Stadt Deutschland den Klimanotstand ausgerufen hatte, willkommen hieß.
In einer aufsehenerregenden Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht am 24. März 2021 das Klimaschutzgesetz des Bundes vom 12. Dezember 2019 in Teilen für verfassungswidrig erklärt. Die Regelungen des Klimaschutzgesetzes über die nationalen Klimaschutzziele und die bis zum Jahr 2030 zulässigen Jahresemissionsmengen seien mit den Grundrechten insofern unvereinbar, als hinreichende Maßgaben für die weitere Emissionsreduktion ab dem Jahr 2031 fehlten. Das Bundesverfassungsgericht forderte den Gesetzgeber auf, jetzt schon für die Zeit nach 2031 zu handeln. Mit dieser Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht eine lebhafte Debatte über die Klimapolitik Deutschlands, grundrechtliche Generationengerechtigkeit und Dogmatik des Grundrechteschutzes ausgelöst.