Günther Daniel Weinmann, ehemaliger Präsident des Oberlandesgerichts Stuttgart, ist am 16. Mai 2022 in Stuttgart verstorben. Über Jahrzehnte hinweg hat er die Justiz im Land mitaufgebaut und entscheidend geprägt.
Günther Daniel Weinmann, der vom 1. April 1980 bis 31. März 1989 Präsident des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart war, ist am 16. Mai 2022 im Alter von 98 Jahren in seiner Heimatstadt Stuttgart verstorben. Justizministerin Marion Gentges würdigte den Verstorbenen als eine zentrale Säule der baden-württembergischen Justiz nach dem Krieg: „Über Jahrzehnte hinweg hat Günther Weinmann die Justiz in unserem Land mitaufgebaut und entscheidend geprägt. Für seine Verdienste sind wir ihm zu großem Dank verpflichtet. Er wird in Erinnerung bleiben als ein Richter mit einem unerschütterlichen Berufsethos, der unermüdlich seine Kraft und sein Können in den Dienst der Gesellschaft stellte. Zurecht war Günther Weinmann mit dem Großen Verdienstkreuz mit Stern ausgezeichnet.“
OLG-Präsidentin Cornelia Horz brachte für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gerichts ihre tiefe Anteilnahme zum Ausdruck und würdigte seine Verdienste um das OLG: „Die Nachricht vom Tod von Günther Weinmann macht mich sehr traurig. Meine Anteilnahme gilt seinen Angehörigen. Das Oberlandesgericht Stuttgart und ich persönlich werden ihn sehr vermissen und in ehrender Erinnerung behalten. Wir haben nicht nur einen der prägenden Präsidenten unseres Gerichts verloren, sondern auch einen hochinteressierten Gesprächspartner, dem das Oberlandesgericht immer am Herzen lag. Er war mir und vielen Kolleginnen und Kollegen mit seiner menschlich zugewandten, verlässlichen und fürsorglichen Art Vorbild einer aufrechten, charakterstarken Richterpersönlichkeit“. Bis zu seinem Tod war Günther Weinmann seinem alten Gericht eng verbunden. „Ich erinnere mich sehr gern“, so Cornelia Horz, „an die Treffen und Besuche bei Günther Weinmann, einem ‚Urschwaben', wo ich bis zuletzt seinen liberalen, hellwachen Geist, seine Neugier, seinen Optimismus und Schwung erleben durfte. Er wird uns fehlen.“
Weinmann studierte Volkswirtschaft und Rechts- und Staatswissenschaften
Günther Daniel Weinmann, geboren am 26. März 1924 in Stuttgart, war nach dem Abitur an der Zeppelin-Oberrealschule in Stuttgart ab 1942 als Soldat in Frankreich und Russland. Schwer kriegsversehrt heimgekehrt, studierte er 1945 bis 1946 in Stuttgart Volkswirtschaft und anschießend bis 1950 Rechts- und Staatswissenschaften in Tübingen. Im Anschluss an die zweite juristische Staatsprüfung, die er 1954 in Stuttgart ablegte, wurde er als Staatsanwalt in Stuttgart in den Justizdienst des Landes aufgenommen. Dort betrat er Neuland und wirkte am Aufbau einer Abteilung für Wirtschaftskriminalität mit, deren Leitung und Erweiterung er 1961 übernahm. 1969 wurde ihm die Leitung der Staatsanwaltschaft Ulm übertragen. Ab 1970 war er stellvertretender Leiter der Strafrechtsabteilung des Justizministeriums Baden-Württemberg bis zu seiner Ernennung zum Generalstaatsanwalt beim Oberlandesgericht Stuttgart im Februar 1972.
Im April 1980 wurde Günther Weinmann Präsident des Oberlandesgerichts Stuttgart. Er schloss sich dem Senat für Amtshaftungs- und allgemeine Zivilsachen an und leitete ab 1984 den neu geschaffenen Arzthaftungssenat. Im November 1982 bezogen das Oberlandesgericht und Landgericht Stuttgart das noch heute genutzte „grüne“ Dienstgebäude in der Olgastraße. Einige der großen Prozesse der Roten Armee Fraktion, unter anderem gegen die sogenannte zweite Generation, wurden in seiner Amtszeit in Stuttgart-Stammheim geführt. Er regte schon 1989 als einer der Ersten gegenüber dem Justizministerium die Errichtung eines Mahnmals im Justizviertel für die in der Zeit des Nationalsozialismus im Justizgebäude in Stuttgart Hingerichteten an.
Großes Engagement für die Justiz auch im Ruhestand
Günther Weinmann war nicht nur wegen seiner Fachkompetenz weit über die Justiz hinaus anerkannt und eine hoch geschätzte Führungskraft. Das Bundesjustizministerium berief ihn zum Vorsitzenden der Kommission zur Reform des Wirtschaftsstrafrechts, die von 1973 bis 1978 die Gesetze zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität vorbereitet hat. Ab 1974 war er Mitglied der ständigen Deputation des Deutschen Juristentags e.V., von 1976 bis 1982 Vorsitzender dieses Gremiums. Er organisierte und leitete als Präsident die Deutschen Juristentage in Wiesbaden (1978), in Berlin (1980) und in Nürnberg (1982). Er schuf und pflegte zudem gute Verbindungen zu ausländischen Richtervereinigungen. 1984 wurde ihm im Hinblick auf seine besonderen Verdienste um die Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Juristentag vom Präsidenten der Republik Österreich das Große Silberne Ehrenzeichen mit dem Stern verliehen. 1989 folgte die inländische Auszeichnung; der Bundespräsident verlieh ihm das Große Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Mit dem Beginn des beruflichen Ruhestands wurde Günther Weinmann in den Vorstand der Hölderlin-Gesellschaft e.V. gewählt und versah dort bis 1998 das Amt des Vizepräsidenten. Zudem übernahm er im Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge die Position des Vorsitzenden des Landesverbands Baden-Württemberg. Später war er dessen Ehrenvorsitzender.
Auch im Ruhestand hat er die Geschicke der baden-württembergischen Justiz mit großem Interesse und viel Engagement begleitet. So hat er 2004 den Beitrag „Das OLG Stuttgart von 1933 bis 1945“ in der Festschrift des Oberlandesgerichts zum 125-jährigen Jubiläum verfasst und 2006 die berufliche Vita der Amtsvorstände der Stuttgarter Generalstaatsanwaltschaft seit 1879 im Werk „Die Geschichte(n) der württembergischen Staatsanwaltschaften“ dargestellt.
Quelle:
Ministerium der Justiz und für Migration Baden-Württemberg / Oberlandesgericht Stuttgart