Die Aufnahme von Flüchtlingen ist im Flüchtlingsaufnahmegesetz geregelt. Aufgenommen werden überwiegend Asylbewerber, zu deren Aufnahme das Land nach dem Asylgesetz des Bundes verpflichtet ist. Neben Asylbewerbern werden vom Land auf der Grundlage des Flüchtlingsaufnahmegesetzes auch Personen aufgenommen, zu deren Aufnahme sich das Land aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen nach dem Aufenthaltsgesetz verpflichtet hat oder dazu verpflichtet ist. Darunter fällt insbesondere die Aufnahme jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion auf der Grundlage eines Beschlusses der Ministerpräsidentenkonferenz vom 9. Januar 1991. Die Aufnahmeverpflichtung des Landes erstreckt sich jedoch auch noch auf andere Personengruppen. So hat Baden-Württemberg im Rahmen von Aufnahmeaktionen Flüchtlinge unter anderem aus dem Irak und Syrien aufgenommen.
In Baden-Württemberg besteht ein dreigliedriges Aufnahmesystem:
- Erste Station für Asylbewerber und die meisten sonstigen Flüchtlinge im Land ist in der Regel das Ankunftszentrum in Heidelberg. Dort werden die für die Aufnahme und das Asylverfahren wichtigen Schritte gebündelt und in einem engen zeitlichen Zusammenhang durchgeführt. Hierzu gehören insbesondere die Registrierung mit erkennungsdienstlicher Behandlung, eine ärztliche Pflichtuntersuchung auf übertragbare Krankheiten, die Asylantragsstellung und -anhörung beim BAMF, in manchen Fällen bis hin zur Entscheidung des BAMF über den Asylantrag.
- Personen, über deren Asylantrag das BAMF nicht kurzfristig entscheiden kann, werden in eine Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) verlegt und können dort in der Regel bis zu 18 Monate untergebracht werden. Der Bundesrat hat am 28. Juni 2019 das sog. Migrationspaket gebilligt. Damit sind u.a. die vom Bundestag Anfang Juni 2019 beschlossenen Änderungen des zweiten Gesetzes zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht (sog. Geordnete-Rückkehr-Gesetz) in Kraft getreten. In das Geordnete-Rückkehr-Gesetz ist im neuen § 47 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG) eine erweiterte Wohnverpflichtung von Asylbewerbern in der Erstaufnahme normiert worden. Der neu formulierte § 47 Abs. 1 AsylG sieht eine Wohnverpflichtung von Asylbewerbern von bis zu 18 Monaten in der Erstaufnahme vor. Bei Verstößen gegen bestimmte Mitwirkungspflichten oder Identitätstäuschungen gilt künftig eine unbefristete Wohnverpflichtung. Bei Familienkonstellationen (minderjährige Kinder und ihre Eltern oder andere Sorgeberechtigte sowie ihre volljährigen, ledigen Geschwister), verbleibt es bei einer Höchstwohnfrist von sechs Monaten.
- Endet die Unterbringung in den Landeserstaufnahmeeinrichtungen, werden die Asylsuchenden und Flüchtlinge den unteren Aufnahmebehörden bei den Landratsämtern und Bürgermeisterämtern der Stadtkreise zugeteilt (sogenannte vorläufige Unterbringung). Dies geschieht nach einem Bevölkerungsschlüssel. Während der vorläufigen Unterbringung in den Stadt-und Landkreisen liegt die Wohn- und Schlaffläche je Person bei 7 Quadratmetern. Für die Gemeinschaftsunterkünfte sind Mindeststandards insbesondere unter Berücksichtigung der Belange von Frauen, Familien und Kindern festgelegt. Gemeinschaftsunterkünfte sollen zur besseren gesellschaftlichen Teilhabe ihrer Bewohner innerhalb bebauter Ortsteile oder unmittelbar im Anschluss daran eingerichtet werden. Die vorläufige Unterbringung findet in Gemeinschaftsunterkünften und Wohnungen statt. Alle Flüchtlinge erhalten während der vorläufigen Unterbringung Gelegenheit, Grundkenntnisse der deutschen Sprache zu erwerben. Für die vorläufige Unterbringung bestehen verbindliche Standards für die soziale Beratung und Betreuung der Flüchtlinge. Außerdem müssen die Kreise bei der Unterbringung darauf achten, dass schulpflichtige Kinder tatsächlich ihrer Schulpflicht nachkommen können.
Der Aufenthalt eines Asylbewerbers ist nach dem Asylgesetz grundsätzlich auf den Bezirk einer Ausländerbehörde beschränkt. Die Landesregierung kann diese Beschränkung jedoch durch Rechtsverordnung lockern. Von dieser Möglichkeit hat die Landesregierung mit einer Verordnung vom Februar 2012 Gebrauch gemacht. Demnach dürfen sich Asylbewerber nach dem Ende der Erstaufnahme und unter der Voraussetzung, dass sie nicht erheblich gegen asylverfahrensrechtliche Mitwirkungspflichten verstoßen, vorübergehend im gesamten Gebiet des Landes Baden-Württemberg aufhalten. Allerdings werden Asylbewerber, die öffentliche Leistungen in Anspruch nehmen müssen, weiterhin verpflichtet, an dem in der Verteilentscheidung genannten Ort zu wohnen (Wohnsitzauflage).
Im Zuge des sogenannten Asylkompromisses hat der Bundesgesetzgeber die Aufenthaltsbeschränkung unterdessen bundesweit gelockert. Für Asylbewerber, aber auch für geduldete Ausländer erlöschen die räumlichen Aufenthaltsbeschränkungen regelmäßig nach dreimonatigem erlaubten, gestatteten oder geduldeten Aufenthalt im Bundesgebiet, sofern keine Pflicht mehr besteht, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Ist der Lebensunterhalt nicht gesichert, gilt aber auch in diesen Fällen eine Wohnsitzauflage (s.o.).
Asylbewerber erhalten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz während der ersten 36 Monate ihres Aufenthalts in Deutschland zunächst folgende Leistungen: Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts (notwendiger Bedarf). In den Erstaufnahmeeinrichtungen werden diese Leistungen nach bundesrechtlicher Vorgabe als Sachleistungen gewährt. Während der sich anschließenden vorläufigen Unterbringung in den Stadt-und Landkreisen wird der notwendige Bedarf vorrangig als Geldleistung gewährt.
Neben den oben genannten Leistungen zur Deckungen des notwendigen Bedarfs, welche als Sachleistung gewährt werden, erhalten Leistungsberechtigte Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens (notwendiger persönlicher Bedarf). In Baden-Württemberg wird der notwendige persönliche Bedarf in der Erstaufnahme überwiegend als Geldleistung gewährt. Auch während der vorläufigen Unterbringung gilt grundsätzlich, dass der notwendige persönliche Bedarf als Geldleistung zu erbringen ist.
Während der ersten 36 Monate ihres Aufenthalts in Deutschland erhalten Asylbewerber eine Basisversorgung. Zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sind die erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, Besserung oder Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen zu gewähren. Müttern und Wöchnerinnen werden ärztliche und pflegerische Hilfe und Betreuung, Hebammenhilfe, Arznei-, Verband- und Heilmittel gewährt. Zudem können sonstige Leistungen gewährt werden, wenn sie im Einzelfall zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich sind.
Nach Ablauf von 36 Monaten erhalten Asylbewerber regelmäßig Leistungen auf dem Niveau der gesetzlichen Krankenversicherung.
Die Leistungen für Asylbewerber einschließlich der Gesundheitsleistungen liegen unter dem Niveau der Leistungen nach dem SGB II. SGB II –Empfänger („Hartz-IV“-Empfänger) erhalten Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung, soweit diese angemessen sind. Es gelten lokale Mietobergrenzen, dabei ist unter anderem die Wohnungsgröße maßgeblich. Hierbei wird bei alleinstehenden Personen in Baden-Württemberg grundsätzlich eine Wohnungsgröße von 45 Quadratmetern für angemessen erachtet. „Hartz-IV“-Empfänger sind zudem grundsätzlich gesetzlich krankenversichert bzw. erhalten Leistungen auf dem Niveau der gesetzlichen Krankenversicherung. Asylbewerber haben in der ersten Zeit ihres Aufenthalts (36 Monate) grundsätzlich nur Anspruch auf Leistungen im oben dargestellten Umfang, die zudem teilweise in Form von Sachleistungen erbracht werden. Die Unterbringung erfolgt während der Erstaufnahme und der vorläufigen Unterbringung grundsätzlich in Gemeinschaftsunterkünften.